Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt
Öle für Haut & Haare
Ein Trend, der sich schon sehr lange hält, sind Öle zur Haut- und Haarpflege. Besonders im Winter haben Körperöle Hochkonjunktur. Nicht ohne Grund. Sie verleihen so ein warmes, kuscheliges Hygge-Gefühl auf der Haut. In vielen Badezimmern stehen deshalb die dickflüssigen, golden glänzenden Flüssigkeiten.
Öle haben etwas von einem Verwöhnritual. Nicht umsonst sind sie Bestandteil vieler Wellnesss-Massagen. Im Bereich von kosmetischen Anwendungen unterscheidet man zwischen fetten, sogenannten Basis- oder Trägerölen, und ätherischen Ölen. Gute Basisöle sind naturbelassene, kalt gepresste Pflanzenöle, zum Beispiel aus Oliven. Sie bilden die Grundlage vieler Cremes, können aber auch pur auf die Haut aufgetragen werden. Da sie in ihrer Zusammensetzung dem natürlichen Hautfett ähneln, gelten sie als hautfreundlich. Etwas völlig anderes sind ätherische Öle. Dabei handelt es sich um wasserdampfflüchtige, nur leicht ölige Extrakte aus Pflanzen. Sie haben mit Fett nichts zu tun. Sie werden häufig vor allem wegen ihres Aromas eingesetzt. Lavendelöl kennt jeder.
Mineralöl dichtet die Haut ab
Qualitativ hochwertige Naturöle brauchen weder Emulgatoren noch Konservierungsstoffe oder irgendwelche chemischen Zusätze. Bei nativen Ölen in Bioqualität ist das garantiert. Bei fertigen Mischungen sollte man genau auf die Inhaltsstoffe achten. Ist das Produkt preisgünstiger ist häufig Mineralöl (INCI: Paraffinum Liquidum) zugesetzt. Das ist ein aus Erdöl gewonnenes Fett. Liquid petrolatum, Paraffin oil, Petrolatum liquid, Petroleum oil, White mineral oil und White oil sind allesamt Mineralöle. Zur gleichen Familie gehört übrigens auch Vaseline (Petrolatum). Nur ist hier die Struktur nicht flüssig, sondern wachsartig.
Erdöl ist nicht nur ein billiger Rohstoff, der leicht zu verarbeiten ist und eine preiswerte Massenproduktion erlaubt. Anders als pflanzliche Ölen sind Erdölprodukte lange haltbar und von gleichbleibender Qualität. Dagegen reagieren Pflanzenöle mit Licht, Luft und Wärme. Deshalb können sie schnell ranzig werden und die Qualität kann variieren.
Das für Kosmetika verwendete Mineralöl stammt aus Petroleum. Dieses entwickelt sich aus den Resten von Plankton und Algen und wird in der Erdkruste hohem Druck und hohen Temperaturen ausgesetzt. Aus der Erde geholt wird es für die Verwendung in Hautpflegeprodukten oder Medikamenten besonders stark gereinigt, so dass von dem Ausgangsmaterial nicht mehr viel vorhanden ist. Allerdings: Auch Pflanzenöle werden gereinigt, bevor sie auf die Haut kommen.
Der typische Labello-Effekt. Erraten Sie dessen Inhaltsstoff? Paraffin.
Für unseren Körper ist Erdöl ein Fremdstoff, der auf der Haut eine Art Film bildet und die Oberfläche sofort abdichtet. Auf diese Weise wird der Wasserverlust gestoppt und die Haut fühlt sich erstmal schön weich an. „Anfangs sieht die Haut gut aus, immerhin verschwinden die Trockenheitsfältchen, aber verschiedene Zellvorgänge laufen auf Dauer doch weniger gut ab“, bestätigt Dr. Jeske Ultee, Forschungsärztin in der kosmetischen Dermatologie aus Rotterdam. „Schließlich kann sich Ihre Haut dadurch weniger gut schützen und Sie geraten in einen Teufelskreis: Die Haut trocknet schnell aus, wenn Sie keine Creme aufgetragen haben. Das bedeutet, Sie müssen sich also immer wieder eincremen.“ Der typische Labello-Effekt. Erraten Sie dessen Inhaltsstoff? Paraffin.
Weitverbreitete Irrtümer
Immer wieder hört oder liest man, dass Mineralöle Akne und Mitesser verursachen würden und die Haut darunter nicht atmen könne. Das ist in mehreren Studien widerlegt. Der Talg fließt nämlich einfach ab, ohne dass die Poren verstopfen. Falsch ist auch, dass die versiegelnde Wirkung die Sauerstoffaufnahme durch die Haut verhindert. Die Haut atmet nämlich nicht, wie immer wieder behauptet wird. Sie erhält den Großteil an Sauerstoff über das Blut und nicht durch die Außenluft. Lediglich die obersten 0,4 mm der menschlichen Haut werden von außen mit Sauerstoff versorgt. Unsinn ist es deshalb auch, dass Menschen bei unterbundener Hautatmung ersticken können á la „Goldfinger“ bei James Bond.
Ein weiterer Irrtum ist die Annahme, dass Pflanzenöle wesentlich sicherer und besser für die Haut sind. „Reine Pflanzenöle führen zu einer Austrocknung der Haut“, so Prof. Dr. Dr. Erhardt Proksch, Leiter der Arbeitsgruppe Barriereforschung, Universitäts-Hautklinik Kiel.
Dr. Ultee geht noch einen Schritt weiter. Sie sagt: „Es gibt ziemlich viele Pflanzenöle mit einem schlechteren Sicherheitsprofil als Mineralöle, einige Beispiele werden auf der Website www.essentialoils.co.za erwähnt. Auch Pflanzenöle können Schadstoffe wie zum Beispiel 3-Chlor-1,2-propandiol enthalten. Dieser Stoff ist krebserregend und kommt vor allem in nicht gereinigten Ölen vor. Hinzu kommt, dass es in der Vergangenheit oft mit der Echtheit von Pflanzenölen nicht so genau genommen wurde. Einem Pflanzenöl wurde von einigen Anbietern schlecht gereinigtes Mineralöl hinzugefügt, um es preisgünstig zu machen.“
Vor- und Nachteile der Mineralöle
Um es auf einen Nenner zu bringen: Gereinigte Mineralöle sind, wenn auch nicht toxisch, nicht wirklich kosmetisch. Je dicker die Konsistenz eines Produkts mit Mineralöl, desto unangenehmer das Gefühl auf der Haut. Aber dünnflüssige Texturen befeuchten die Haut weniger gut, was wiederum der einzige Nutzen dieses Öls ist. Ein anderer Nachteil ist die von Dr. Ultee beschriebene „Überhydratisierung“ der Haut, gerade wenn diese eher trocken ist.
Mineralöle enthalten außerdem keine der Haut nützlichen Substanzen wie Antioxidantien oder hautberuhigenden Stoffe. Bei einer Feuchtigkeitscreme, die ausschließlich Mineralöle enthält, fehlt daher ein wichtiger Anteil, der eine wertvolle Hautpflege ausmacht. Dass Mineralöle gern von Dermatologen verschrieben werden, begründet sich darin, dass sie Irritationen durch äußere Reize verhindern können und dazu beitragen, die Hautbarriere zu regenerieren. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass das Allergie-Risiko gering ist. Deshalb werden Mineralöle oft auch zur Behandlung von Ekzemen verwendet.
„Hautöle sind kontraproduktiv“
Pflanzenöle kommen bei den Wissenschaftlern nicht gut weg. „Außer einer Rückfettung ist bei der Verwendung von Hautölen kein weiterer Effekt wissenschaftlich belegt“, sagt die Hamburger Kosmetologin Dr. Sabine Gütt. „Öle enthalten viele ungesättigte Fettsäuren. Aber unsere Hautbarriere ist wie Butter aufgebaut, relativ wenig durchlässig. Deshalb hat man früher auch Butter auf Wunden aufgetragen. Gibt man Öl auf Butter, dann entsteht Margarine, und die ist durchlässig. In Kosmetika machen Öle die Barriere durchlässiger. Gerade für eine empfindliche Haut mit einer nicht intakten Oberfläche sind Öle kontraproduktiv, weil die Barriere durchlässiger wird und der Wasserverlust der Haut steigt.“
Wer dennoch ein Öl verwenden möchte, sollte sich seine Haut genau anschauen. Ist sie eher trocken, verzichten Sie auf einen hohen Ölgehalt. Auch wenn man viel schwitzt, bei intensivem Sport zum Beispiel, wäre die Verwendung kontraproduktiv. Unter dem Öl kann der Schweiß nicht gut abfließen und es können sich mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen auf der Haut bilden. So einen Ausschlag bezeichnet man auch als Hitzepickel (Miliaria rubra). Bei fettiger Haut und der Neigung zu Akne sind Öle keinesfalls zu empfehlen.
Auf Dauer nur noch Öle als Pflege zu verwenden, ist keine gute Idee. Denn neben Fett braucht unsere Haut auch Stoffe, die die Feuchtigkeit binden. Was oft empfohlen wird, Öl auf die noch feuchte Haut aufzutragen, macht ebenfalls wenig Sinn. Es vermischt sich nicht mit der Feuchtigkeit und es dauert länger, bis es eingezogen ist.
Klares Statement
Abschließend noch ein sehr klares Statement von Prof. Proksch: „Es gibt nur wenige und keine sauberen Studien, in denen man Produkte, die natürliche Öle enthalten, mit anderen Hautpflegemittel verglichen hat. Überzeugende Daten, dass natürliche Öle als Bestandteil in Pflegeprodukten beispielsweise bei atopischer Dermatitis von Vorteil sind, fehlen. Wahrscheinlich ist es sinnvoller, gezielt Wirkstoffextrakte aus Ölen einzusetzen, die erwünschte Inhaltsstoffe und geeignete Fettzusammensetzungen enthalten. Aus pflanzlichen Ölen gewonnene Linolsäure beispielsweise ist für die Haut günstig. Es gibt noch viel Forschungsbedarf, welche Inhaltsstoffe gerade bei gestörter Barrierefunktion effektiv sind.“ (aus „Ästhetische Dermatologie & Kosmetologie“)
Mehr von unserer Autorin Margit Rüdiger lesen Sie jeden Freitag hier auf MODEPILOT.de – Ihre bisherigen Kolumnen gibt es hier >>> und mehr auf ihrem Blog Culture & Cream (>>>) Fragen, Wünsche, Feedback? Sie erreichen unsere Kolumnistin unter beautypro[@]modepilot.de
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Photo Credit: Catwalkpictures
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