Mode und Klima im Wandel

Ein Treffen mit Ecofashion Pionier und Gründer von Ecoalf, Javier Goyeneche

Die Diskussion in der Mode über Nachhaltigkeit ist mittlerweile laut und undurchsichtig geworden. Lieber recyceltes Polyester oder Bio-Baumwolle, Hanf oder Viskose, Leder oder Mycelium (Lederersatzstoff auf Pflanzenbasis), wie sind die Arbeitsbedingungen oder wie viel Mikroplastik geht beim Waschen von synthetischen Stoffen ins Abwasser – diese Fragen lassen uns beim Modekauf nachdenklich werden, und das ist gut so.
Javier Goyeneche Modepilot Ecoalf Interview
Gründer und Chef bei Ecoalf: Javier Goyeneche
In München traf ich deswegen anlässlich der neuen Ecoalf 1.0 Kollektion einen Pionier in nachhaltiger Mode, Javier Goyeneche. Sein Unternehmen hat er 2009, benannt nach seinen Söhnen Alfredo und Alvaro, gegründet, um der nächsten Generation eine bessere Welt zu hinterlassen.
Was treibt ihn in diesen Zeiten um? Dass in der ganzen Diskussion um Klimaschutz kaum ein Mensch weiß, dass die Textilindustrie die zweitverschmutzendste Industrie auf der Welt ist und wir gar nicht wissen, welchen Schaden wir durch unseren schnellen Modekonsum auf unserem Planeten anrichten.
Die neue Ecoalf Premium Kollektion Ecoalf 1.0
Die neue Ecoalf Premium Kollektion Ecoalf 1.0
Fast fashion basiert auf wöchentlichen Lieferungen und Trends, billiger Mode und der Idee des Kaufens und Wegwerfens, Kaufens und wieder Wegwerfens. Eine Jeans für 29,90 Euro hat fatale Folgen für den Planeten in Bezug auf den Verbrauch unserer natürlichen Ressourcen, Energie und Emissionen. Aufgrund niedriger und immer weiter sinkender Preise steigt unser Textilkonsum weiter an.
Um ein Zeichen zu setzen, produziert Ecoalf keine Werbekampagnen, die den Impulskauf unterstützen, sondern berührende, nachdenklich machende Videos, wie z.B. mit dem jungen, brillanten Poeten Tomfoolery. Kommunikation ist für Ecoalf Aufklärung und Innovation.

Was sind die größten Herausforderungen, woran arbeitet Javier mit seinem Team?

• Monomaterialien und Kreislaufwirtschaft: Monomaterial, also keine Mischungen (z.B. Baumwolle mit Elasthan), kann einfach recycelt werden verhindert somit nicht-recyclingfähige Textil-Müllberge. Nur ein Prozent der Kleidung wird heute recycelt.
• Geschlossene Produktionskreisläufe: Sie verhindern, dass Chemikalien in die Natur und das Grundwasser gelangen.
• Fäden ohne Microplastikabwurf: In einer einzigen Waschladung lösen sich heute bis zu 700.000 Microfasern. Das neue "Zero release Yarn” wirft praktisch keine Microfasern mehr ab.
• Wasserverbrauch: Ein einziges Baumwoll-T-Shirt benötigt in der Herstellung 2.700 Liter Wasser. Für jedes Ecoalf-Kleidungsstück wird auf der Website ausgewiesen, wie viel Wasser eingespart wurde.
• 'Upcycling the Oceans': 75 Prozent des Meeresplastiks liegt am Meeresboden. Über 3.000 Fischer holen jeden Tag freiwillig circa eine Tonne Plastik aus dem spanischen Mittelmeer. Bei jedem Fang ist heute mehr Plastik als Fisch dabei. Dies wird in Ecoalf Containern in den Häfen gesammelt und in neuen recycelten Rohstoff verwandelt. Das Projekt ist so erfolgreich, dass neue Verträge mit Häfen in Griechenland, Italien und der Türkei geschlossen wurden.

Nicht alle Recycle-Materialien sind gut

Vor 10 Jahren gab es kaum recycelte Stoffe. Dank Forschung und Entwicklung ist in den Laboren von Ecoalf eine innovative Kollektion hochwertiger 'low impact'-Materialien wie Nylon aus Fischernetzen, recyceltem Polyester aus Pet-Flaschen, recycelter Baumwolle oder Wolle mit reduziertem Wasser- und Energieverbrauch entstanden. Wichtig ist dem Team dabei, seine Entscheidungen immer wieder zu überprüfen. So hat der Gründer 2015 den absoluten Bestseller, einen Fleecepulli, aus dem Programm genommen, weil er die Microplastikverschmutzung beim Waschen und Tragen nicht beheben und nicht länger verantworten konnte.
Ecoalf Premium Kollektion Modepilot
Die neue Ecoalf Premium Kollektion Ecoalf 1.0

Welche Nachhaltigkeitssiegel sind wirklich von Bedeutung?

Und wie kann ich denn nun als Laie feststellen, ob ein Unternehmen seinen Behauptungen überhaupt gerecht wird? Eine Zertifizierung bringt es auf den Punkt: die B-Corp-Zertifizierung. In der komplexen Welt der Standards, von OEKO-TEX bis Fair Trade, ist B Corp am anspruchsvollsten. Sie verlangt von den Marken, 300 Fragen zu ihren sozialen und ökologischen Auswirkungen zu beantworten und überprüft diese alle drei Jahre. Nur wenige Marken haben es geschafft. Patagonia liegt an der Spitze, Ecoalf ist seit 2018 stolzes Mitglied der B-Corp-Community und Chloé hat letzte Woche als erste Luxusmarke das Siegel erreicht.
Gutes Design ist weder neu noch alt, es bleibt. Auf Qualität und Langlebigkeit zu setzen und dem absurden psychologischen, saisonalen Verfallsdatum der Mode entgegenzutreten, hilft unserem Planeten. Die Welt mit Nachhaltigkeit, Innovation, Qualität und zeitlosem Design ein wenig besser zu machen, ist der Traum hinter der Firmengründung von Ecoalf. Auf meine Frage, was denn jetzt nachhaltiger ist, recycelte Baumwolle oder Nylon aus Fischernetzen, antwortet Javier dann auch: “Es kommt auf die Nutzungsdauer an. Wenn wir weniger konsumieren, den Pulli unseres Großvaters tragen, das ist nachhaltig”.
Alle Informationen zur Geschichte, Verantwortung und Kollektion von Ecoalf: https://ecoalf.com/de/p/commitment-169
Wer mehr Information zu den Umweltauswirkungen von Bekleidung wünscht, geht auf:
Photo Credit: Ecoalf
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

Kommentare

  • felix sagt:

    danke für den artikel:) checke ich aus, ob da was dabei ist, was ich in 50jahren meinen enkeln vererben kann.
  • Peter-Thilo M. sagt:

    Gutes bleibt gut. Langes Tragen bedeutet Nachhaltigkeit. Materialmix erschwert Recycling. So einfach und doch nicht in unseren Köpfen. Umweltschutz kann auch gut aussehen....

    Danke! Klar auf den Punkt gebracht.