Ist der Off-White-Gürtel der neue H-Schließen-Gürtel?
Bei Hermès weiß man: Wer den demonstrativen H-Schließen-Gürtel kauft, ist kein typischer Hermès-Kunde. Mit dem ursprünglichen Insigne der Feintäschnerei schmücken sich eher Menschen, die es grob mögen: Turbo, Motoryacht statt Segelschiff, und weiße Hosen tragen. Deshalb drosselte das französische Luxushaus den Vertrieb des Bestsellers, was schlau war. Nun stellt sich die Frage, ob es das junge Label Off-White dem erfolgreichen Traditionsunternehmen gleichtun sollte mit seinem „Industrial”-Gürtel.
Off-White ist eines der erfolgreichsten Labels unserer Zeit, gefragter noch als Gucci oder Balenciaga. Im Lyst-Ranking liegt Off-White auf Platz Eins. Gucci und Balenciaga belegen die Plätze 2 und 3. Die Preise sind mit 250 Euro für ein T-Shirt ähnlich hoch, die Runway-Kollektion ähnlich (un)tragbar. Aber auf den Logo-Frachtriemen ab 135 Euro können sich viele einlassen. Bei uns in der Münchner Max-Vorstadt wird er bereits um alles herum gebunden, was mehr unter „Kleidung” als unter „Mode” fällt: Hemdblusenkleider, Jeggings und Sweatshirts. Es ist ein wenig so wie in den 2000er-Jahren, als die „Speedy”-Handtasche von Louis Vuitton lauter Polyester-Kleidern den Luxus-Stempel aufdrücken sollte.
Dieses moderne, plakative Erkennungszeichen modischen Fachwissens wird dazu missbraucht, einfallslose Outfits zu heiligen. Damit sind NICHT die Street Styles in diesem Artikel gemeint.
Der Industrial-Gürtel von Off-White
Den gelb-schwarzen Polyamid-Riemen gibt es seit Virgil Ablohs Herbst-/Winterpräsentation für das Jahr 2016, die er während der Herrenmodenwoche in Paris präsentierte. Der Off-White-Gründer, ein ausgebildeter Architekt, landete mit seiner, von Baustellen inspirierten Kollektion eine Punktlandung bei der modisch aktivsten Gruppe. Diese konnte sich damals auch für den Polizei-Mantel von Vetements begeistern. Bei Off-White finden sich Motive von Absperrbändern auf Ärmeln, Taschen und vielem mehr wieder. Das ist ein rundes, modisches Bild.
Ohne Frage, ist der Transportriemen-Gürtel, den man mit seinen zwei Metern locker zweimal um die Taille binden kann, ein geniales Produkt. Und er geht in die Mode-Geschichte ein. Obwohl der Gurt-Gürtel aus Nylon mit Klemm- oder Klickschließe schon vorher sich seinen Weg auf dem Laufsteg bahnte: bei Hunter und Preen by Thronton Bregazzi in 2015 und bei Accessoire-Designerin Gabriele Frantzen in München, nur vielleicht weniger konsequent.
Durchgesetzt hat sich jedenfalls die 205 Zentimeter lange Version von Virgil Abloh, die man auch beim Umzug verwenden kann. Doch tragen kann man den Dauerbrenner nicht (mehr). Zu viele Mitläufer kombinieren ihn arglos, glauben jeden Fummel damit heiligen zu können, und reihen sich damit in die Liga der H-Schließen-Schlümpfe. Oder wie seht Ihr das?
Kann man den „Industrial”-Gürtel noch tragen?
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Photo Credit: Catwalkpictures
Kommentare
Hallo liebe Kathrin,
Ich trage den Gürtel von Hermès wirklich gern (nicht zur weißen Hose) und würde den Off-White-Gürtel niemals tragen. Der ist mir zu grell 🙂
Liebe Grüße, Miri